Interview mit Radio Arabella für den 31-10-23 Equal Pay Day in Österreich

Wo liegen genau die Probleme?

Männer verdienen durchschnittlich Brutto 56600 Brutto, Frauen nur 47.000, dh Männer haben am 31.10.23 schon diese 47.000 erreicht – und die Frauen arbeiten letztlich 42 Tage gratis.

Warum ist das so:

  • Niedriglohnsektor und weniger in gut dotiertem MINT Bereich

22,4% der Frauen und nur 9,3% aller Männer arbeiten im Niedriglohnsektor (2018)

  • Gläserne Decke und ‚Broken Rung‘ (kaputte Sprosse) in der Karriereleiter

Nur 19,2% aller Frauen sind in Österreich in Top-Positionen (Studie des Weltwirtschaftsforums 2020).

Weiblichen Kandidatinnen werden oft nicht im selben Masse wie männlichen Bewerbern die nötigen Manager-Kompetenzen zugetraut. Zusätzlich bewerben sich oft weniger Frauen auf Führungspositionen und damit sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass Frauen aufsteigen.

  • Frauen verhandeln ungern

Frauen verhandeln im Unternehmen ihr Gehalt bzw. ihren beruflichen Aufstieg seltener als Männer und erwarten eher, dass das Unternehmen ihre Leistung anerkennt und von sich aus den ersten Schritt macht

  • Motherhood Penalty:

Familie wird bei uns leider noch immer als Frauensache verstanden: Wenn zwei Leute im Job neu beginnen, entwickeln sie sich zunächst gleich; dann geht die Frau irgendwann in Mutterschutz und Karenz und sind die Gehaltssprünge nicht kollektivvertraglich geregelt, steigt sie häufig dort ein, wo sie aufgehört hat.

Care Arbeit & Teilzeit

50,5% der Frauen und nur knapp 11% der Männer arbeiten  in Teilzeit (2021)

Der Großteil der Pflege und Hausarbeit ist weiblich und damit gehen sich die höher dotierten Vollzeitjobs oft nur schwer aus

  • Teilzeit-Positionen sind oft nicht so hoch bewertet,
  • spannende Jobsharing Möglichkeiten für Expertinnen und Führungsaufgaben in Teilzeit sind leider noch Mangelware

Mangelt es an Kinderbetreuungsmöglichkeiten gilt das sogar für viele Jahre.

Was können Frauen selber tun um dem entgegen zu wirken?

Hervorheben möchte ich zwei große Themenblöcke:

  • Sich der traditionellen Rollenbilder als Frau und Mutter bewusst werden –
    • sich gegenseitig stark machen und gemeinsam gegen Rabenmutter-Klischees aufstehen
    • Offenheit ggenüber unterschiedlichen Lebensmodelle haben
    • Männer als Verbündete sehen und Kinderbetreuung 50:50 machen, Männern die Verantwortung als vollwertigen Elternteil wirklich zutrauen
  • Sich und seinen Töchtern nicht einreden, dass man in Mathematik schlecht ist, denn das verbaut den Weg zu den derzeit besser bezahlten MINT Jobs
  • Wer nichts fordert, wird beim Wort genommen und erhält genau das: NICHTS
    • sich spannende Jobs und Führungspositionen zutrauen – und sich unbedingt im Freundeskreis und bei Profis Hilfe holen, denn es ist ganz normal, vor einer Herausforderung Respekt zu haben
    • Führung in Teilzeit einfordern/ faires Gehalt einfordern
    • Nicht vergessen: jede Verhandlung zwischen Arbeitnehmerin und Arbeitgeberin bzw. Auftragsgeberin ist kein Kampf, es geht vielmehr darum, dass beide Seiten motiviert daraus hervorgehen und weiter motiviert zum Unternehmenserfolg beitragen

Was muss politisch passieren

  • Die Politik hat 2023 endlich erkannt: Es braucht Kinderbetreuungsmöglichkeiten am Land, jetzt warten alle noch auf die konkrete Umsetzung.
  • Auch sinnvoll wäre, das Pensions-Splitting verpflichtend einzuführen und nicht wie bisher auf freiwilliger Basis.
  • Die Politik muss vermehrt Anreize setzen,
    • um jungen Frauen den gut bezahlten MINT Sektor näher zu bringen und
    • um niedrig bezahlte aber stark nachgefragte Berufe wie den der Altenpflege gehaltlich aufzuwerten
  • Der Einkommensbericht ist derzeit für Unternehmen ab 150 Mitarbeitenden verpflichtend, ist bisher aber extrem zahnlos – das wird sich 2026 durch die neue EU Direktive zu Lohntransparenz und Equal Pay hoffentlich verbessern

Was können Unternehmen tun

  • Unternehmen sollten Kandidatinnen das Gehalt zahlen, das aufgrund der Funktion, Verantwortung und Leistung vorgesehen ist, auch wenn die Frau weniger gefordert hat
  • Unternehmen sollten interne Quoten einführen, um bewusst Frauen in Führungspositionen zu bringen
  • Frauen sollten vermehrt Führungspositionen in Teilzeit übernehmen können
  • Unternehmen sollten noch beherzter Väterkarenzen zulassen – denn Kinder gehören zum Leben  – auch wenn es logistisch eine Challenge für alle ist.

Das ist nur ein Auszug aller Möglichkeiten, die ein Unternehmen setzen kann, um eine inklusive Arbeitsgemeinschaft mit fairen und gleichwertigen Arbeitsbedingungen und Gehältern zu schaffen.